Weitere Texte finden Sie hier

1 ... 7 8 9 10 11 ... 30

Den Mann von Worten von dem von Werken unterscheiden. Diese Unterscheidung erfordert die größte Genauigkeit, eben wie die der Freunde, der Personen und der Aemter; da alle diese Dinge große Verschiedenheiten haben. Weder gute Worte, noch schlechte Werke, ist schon schlimm; aber weder schlechte Worte, noch gute Werke, ist schlimmer. Worte kann man nicht essen, sie sind Wind; und von Artigkeiten kann man nicht leben, sie sind ein höflicher Betrug. Die Vögel mit dem Lichte fangen, ist das wahre Blenden. Die Eiteln lassen sich mit Wind abspeisen. Die Worte sollen das Unterpfand der Werke seyn, und dann haben sie ihren Werth. Die Bäume, die keine Frucht, sondern nur Blätter tragen, pflegen ohne Mark zu seyn: man muß sie kennen, die einen zum Nutzen, die andern zum Schatten.

"Hand-Orakel No. 166"



Bei allen Dingen stets etwas in Reserve haben.Dadurch sichert man seine Bedeutsamkeit. Nicht alle seine Fähigkeiten und Kräfte soll man sogleich und bei jeder Gelegenheit anwenden. Auch im Wissen muß es eine Arriere-Garde geben: man verdoppelt dadurch seine Vollkommenheiten. Stets muß man etwas haben, wozu man, bei der Gefahr eines schlechten Ausgangs, seine Zuflucht nehmen kann. Der Entsatz leistet mehr als der Angriff; weil er Werth und Ansehen hervorhebt. Der Kluge geht stets mit Sicherheit zu Werke: und auch in der hier betrachteten Rücksicht gilt jenes pikante Paradoxon: "mehr ist die Hälfte, als das Ganze." *)

*) Hesiodus.

"Hand-Orakel No. 170"



Ein Mann von Gehalt seyn: und wer es ist, findet kein Genüge an denen, die es nicht sind. Ein elendes Ding ist äußeres Ansehen, welchem kein innerer Gehalt zum Grunde liegt. Nicht Alle, die ganze Leute zu seyn scheinen, sind es; vielmehr sind manche trügerisch: von Schimären geschwängert, gebären sie Betrügereien, wobei sie von Andern, ihnen ähnlichen, unterstützt werden, welche am Ungewissen, welches ein Betrug verheißt, weil es recht viel ist, mehr Gefallen finden, als am Sichern, welches eine Wahrheit verspricht, weil es nur wenig ist. Am Ende nehmen ihre Hirngespinste ein schlechtes Ende, weil sie ohne feste und tüchtige Grundlage waren. Ein Betrug macht viele andere nothwendig, daher denn das ganze Gebäude schimärisch ist, und, weil in der Luft erbaut, nothwendig zur Erde herabfallen muß. Falsch angelegte Dinge sind nie von Bestand: schon daß sie so viel verbeißen, muß sie verdächtig machen; wie das, was zuviel beweist, selbst nicht richtig seyn kann.


"Hand-Orakel No. 175"




1 ... 7 8 9 10 11 ... 30




copyright virtuSens 2024     Technik Wolke Softwareentwicklung