Das Kritikon - El Criticon
Der erste Teil dieses philosophisch-satirischen Romans erscheint 1651, der Zweite 1653 und der letzte 1657. Jetzt, knapp dreihundertfünfzig Jahre nach Gracians Tod, liegt dieses Werk endlich erstmals vollständig ins Deutsche übersetzt vor. Das Kritikon ist Gracians Hauptwerk. Nach Gracians Bemerkung im Vorwort soll das Werk die 'Trockenheit der Philosophie' vereinigen mit dem 'Unterhaltsamen der Erdichtung', die 'Schärfe der Satire' mit der 'Annehmlichkeit des Epos'. Im Rahmen eines allegorischen Romans in Form einer großen Wanderschaft erzählt Gracian die Geschichte eine totalen Welt- & Selbsterkenntnis. Eine entscheidende Rolle spielt das Konzept der Ent-Täuschung, Desillusionierung (desengaño) auf die alle Selbst- und Welterkenntnis hinaus läuft. Die Geschichte ist in Kürze diese: Critilo erleidet in der Nähe der Insel St. Helena Schiffbruch. Andrenio, ein unter Tieren aufgewachsener Inselbewohner, rettet ihn und wird nun sein Schüler und Reisebegleiter. Während Critilo, was der Name schon sagt, eher den zum objektiven Urteil fähigen kultivierten Menschen versinnbildlicht, ist Andrenio gleichsam der Mensch im Naturzustand. Das Verhältnis von Natur und Kultur bildet ein philosophisches Hauptthema des Romans. Auf der Suche nach der Geliebten Critilos, Felizinda (Personifikation des irdischen Glücks) durchreisen die beiden Spanien, Frankreich und Italien. In der Begegnung mit allegorischen Figuren in allegorisch verstandenen Ländern erlebt Andrenio seinen Bildungsgang. Hier einige von Gracians Ingenium entwickelte allegorische Figurennamen: ARTEMIA (die Wissenschaft und Intelligenz der Lebenspraxis - aus span. 'arte', lat. 'ars' Kunst); EGENIO (symbolisiert den Mangel, die Entbehrung - lat. 'egere' Mangel leiden, darben); FALIMUNDO (Welttrug - lat. 'fallere' betrügen, spanisch 'mundo', lat. 'mundus' Welt); FALSIRENA (trügerische Sirene - span. 'falso' falsch); LUCINDO (der Lichtmensch - span. 'luz' Licht); SOFISBELLA (Weisheit mit dem beiklang der Schönheit - griech. 'sophos' weise, span. 'bello' schön); VEJECIA (dämonenhafte Verkörperung des Alters (span. 'vejez' Greisenalter); VIRTELIA (wohltätige Verkörperung der Tugend - lat. 'virtus', span. 'virtud' Fähigkeit, Heilkraft, Tugend). Der erste Teil dieses philosophisch-satirischen Romans erscheint 1651, der Zweite 1653 und der letzte 1657. Jetzt, knapp dreihundertfünfzig Jahre nach Gracians Tod, liegt dieses Werk erstmals vollständig ins Deutsche übersetzt vor. Schopenhauer, der Gracian in Deutschland mit der Übersetzung des 'Hand-Orakels' wieder bekannt machte, schrieb 1832 in einem Brief: "Mein Lieblingsschriftsteller ist aber dieser philosophische Gracian: ich habe alle seine Werke gelesen, und sein Criticon ist mir eines der liebsten Bücher auf der Welt: ich würde es gerne übersetzen, wenn dazu ein Verleger zu finden wäre." |